Über meine Krankheit

Morbus Wilson

 

 

Begonnen hat eigentlich alles ganz harmlos. Als ich 14 war machten sich die ersten Symptome dieser seltenen Störung des Stoffwechsels bemerkbar. In der Schule wurde ich unvermittelt aggressiv gegenüber meinen Mitschülern und Lehrern, ich war häufig unkonzentriert und schlief des Öfteren mitten im Unterricht ein. Abgesehen davon hatte ich häufig Kreislaufzusammenbrüche und Schwindelanfälle.  Zudem bildete sich bei mir eine Brust wie bei einem jungen Mädchen (das nennt sich Gynäkomastie - die ist jetzt fast verschwunden!)  und man kann sich vorstellen das ich deswegen von den männlichen Mitschülern gehänselt wurde. Sprüche wie "Müller brauchst einen BH oder darf ich dir an den Busen fassen" waren an der Tagesordnung. Meine Aggressivität wurde darauf zurückgeführt. Aber all dem wurde keine besondere Bedeutung zugemessen sondern als für normale Vorkommnisse in der Pubertät hingestellt.

Was für ein Trugschluss!

Bis zu dem Tag als ich wie vom Blitz getroffen auf dem Schulhof zusammenbrach!

Meine eilig herbei gerufene Mutter brachte mich sofort zum Hausarzt.  Der untersuchte mich gründlich und entnahm Blut, stellte auch fest das mit den Werten etwas nicht in Ordnung war. Jedoch konnte er mit seinen "bescheidenen" Mitteln nicht feststellen was  nicht stimmte.

Schließlich überwies er mich in die Uni-Klinik Freiburg. Dort wurde ich 3 Wochen lang sozusagen "auf den Kopf" gestellt, bis schließlich die Diagnose feststand. Diese sollte mein bisheriges unbeschwertes Leben radikal  verändern! 

Morbus Wilson

Diese sehr seltene Erbkrankheit (1:30 - 50 000) basiert auf einem Gendefekt auf Chromosom 13.

Die Leber ist immer mitbeteiligt. Es ist eine so genannte "Multiorganerkrankung" die sich sehr facettenreich und vielgestaltig zeigen kann. Zum Beispiel bedingt sie neurologische und psychiatrische Veränderungen

Psychiatrische Veränderungen äußern sich meist mit heftigsten Gefühlsschwankungen von depressiven Einbrüchen bis hin zu aggressiven Ausbrüchen. Mangelndes Durchhaltevermögen, Ungeduld  und Distanzlosigkeit können über Jahre hinweg auftreten. (Treten bei jedem anders in Erscheinung!)

Dies ist nur autosomal-rezessiv vererbbar (der Gendefekt besteht in der Bevölkerung im Verhältnis 1:180).

Das heißt dass der Gendefekt in der Bevölkerung vorhanden ist, wobei das Verhältnis des Auftretens bei 1:180 liegt. Insoweit hat jeder 180. diesen Defekt in der Erbanlage. Dabei ist zu beachten  dass bei diesen Menschen ein krankes sowie ein gesunder Chromosom vorhanden ist. Treffen nun 2 Menschen mit diesen vorgeschädigten Erbanlagen und beide kranke Chromosome aufeinander entsteht Morbus Wilson.

Dies führt unbehandelt unweigerlich zum Tod!

Viele werden nicht wissen was es mit dieser Krankheit auf sich hat, deshalb will ich versuchen es so zu erklären wie es mein Arzt damals getan hat:

Man stelle sich vor im Blutkreislauf  fahren kleine LKWs die die Mineralstoffe die man mit der Nahrung zu sich nimmt transportieren, wie z.B. Eisen, Magnesium, Calcium, Natrium usw. unter anderem auch Kupfer (alles in Milligramm), und genau der, der das Kupfer transportiert und zur Ausscheidung über die Nieren und den Darm bringt ist bei dieser Erkrankung  in zu geringer Anzahl oder gar nicht vorhanden. (nähere Info über die Links).

Man kann diese Krankheit seit 1954 jedoch mit Hilfe von Medikamenten  therapieren. 

D-Penicillamin bzw. Trientine,

Vitamin B6,

Unterstützend bei dieser Therapie ist eine kupferarme Diät. Hülsenfrüchte (Nüsse, Erbsen etc), Schokolade, Krustentiere (Scampi, Hummer etc) Fisch, Jegliche Innereien oder Wild sowie Alkohol müssen unbedingt gemieden werden!  

Wichtig ist außerdem die regelmäßige Kontrolle des Blutbilds (Gamma-GT, GPT und GOT Wert), wobei darauf zu achten ist das GPT und GOT nicht mehr als 50-80 über normal ansteigt, den dies deutet auf eine zunehmend eingeschränkte Leberfunktion hin. Ich selbst habe derzeit  mit einem deutlich erhöhten Gamma-GT Wert zu kämpfen (290) der jedoch nur anzeigt das die Leber außer "Rand und Band" ist. Für mich erschreckend ist die Tatsache dass diese Werte immer wieder mal erhöht waren. Dieses ist leider seit Anfang des Jahres ständig so was mir sehr große Angst bereitet. (Stand 2004)

Zudem ist auch die 24 Stunden Kupferausscheidung im Urin regelmäßig zu kontrollieren.

Bei mir jedoch war die Krankheit schon soweit fortgeschritten das bereits ein so genannter "Kayser-Fleischer-Ring" erkennbar war und somit auch schon eine Gehirnschädigung bestand. (Was aber nicht heißen soll das ich deswegen dumm bin!) Vielmehr habe ich feinmotorische Störungen die meine Hände zum zittern bringen (Halte- und Ruhetremor),  wenn ich z.B. Suppe essen will. Bis der Löffel am Mund ist kommt es mitunter vor dass nur noch die Hälfte darauf ist.

Des weiteren kann ich nicht auf einem Bein stehen habe zeitweise extreme Gleichgewichtsstörungen, geschweige denn kann ich einen Fuß vor den anderen setzen und auf einer Linie gehen. Schwierigkeiten mit räumlichem Vorstellungsvermögen, lesen von Konstruktions- oder Bau -zeichnungen und deren Umsetzung in ein Werkstück bewegten mich dazu meinen Beruf als Maschinenschlosser nach der Ausbildung nicht weiter auszuüben. 

Stattdessen sattelte ich um auf Berufskraftfahrer. Das jedoch sollte sich wenig später als fataler Fehler herausstellen. Da ich meistens die ganze Woche auf Achse war und nur am Wochenende zuhause gewesen bin, ist es logisch, dass wenn ich meine Medikamente vergaß diese auch für die ganze Woche nicht einnehmen konnte. Durch diese Unregelmäßigkeiten im Medikamentaktionsmodus bildeten sich bei mir so genannte "Ösophagusvarizen" (Krampfadern in der Speiseröhre), die 2x innerhalb 9 Monaten geplatzt sind und mich fast das Leben gekostet hätte, wäre ich nicht zufällig von vorbeilaufenden Passanten, denen mein blutverschmiertes Gesicht auffiel gefunden, worden. 

Bei einem gesunden Menschen verläuft der Blutkreislauf durch die "Pfortader" um die inneren Organe mit Blut zu versorgen. Bei mir verursachte die unregelmäßige Medikamentation einen Blutstau in der Pfortader  und so  suchte es sich es andere Wege um zum Herz zu gelangen. Und das geschah durch die Speiseröhre. Da die Blutgefäße dort nicht zum Transport solcher riesiger Blutmengen ausgelegt waren platzten sie schließlich. Es sammelte sich im Magen (was sich über Stunden unbemerkt hinziehen kann), verursacht ein Völlegefühl obwohl man Hunger hat, um dann in einem Schwall erbrochen zu werden! (Dabei kann es sich um bis zu 2-3 Liter Flüssigkeit handeln!)  Zum Glück trage ich seit Jahren eine "SOS" Kapsel um den Hals, denn aufgrund der angegebenen Personen und Telefonnummern konnten gerade noch rechtzeitig die richtigen Maßnahmen ergriffen werden. 

Auch habe ich die Veranlagung zu Depressionen, seit Mitte 2006 auch Panikattacken, was mir im Lauf der Jahre mehrere Aufenthalte in psychosomatischen- oder psychiatrischen Kliniken einbrachte. Es kann vorkommen, wenn ich extremen  Stresssituationen ausgesetzt bin,  dazu neige depressiv zu werden. Dies kündigt sich meist in 2 Phasen an. Die 1. ist das ich einen Tag extrem überdreht sein kann und den nächsten total zerschlagen. Die 2. beginnt damit das ich  Blödsinn rede und mitunter auch verbal aggressiv werde. Spätestens dann klingelt die Alarmglocke.  Mittlerweile habe ich einen Spürsinn für das entwickelt, so das ich heute in der Lage bin solche Situationen rechtzeitig zu erkennen und entsprechende Gegenmaßnahmen zu ergreifen bzw. die "Notbremse zu ziehen!

(Stand 2006)

Nicht zuletzt habe ich auch ein leicht verzögertes Reaktionsvermögen  was für mich mitunter auch ein Grund war meinen Job als Trucker an den Nagel zu hängen. Das und der schwere Unfall (siehe Trucker Alptraum),  samt der erwähnten lebensgefährlichen Situation haben mich dazu bewogen kein KFZ mehr zu bewegen. Ich habe zwar alle Führerscheine noch doch ich hab mir geschworen nie mehr selbst zu fahren. Nicht einmal in Notfällen!

 

ANMERKUNG:

Durch jahrelange falsche Behandlung, bzw. zu niedrige Dosierung und teils  falscher Medikamentengabe sind diese ständig schwankenden Blutwerte zustande gekommen!

Bemerkt habe ich dies durch abrupten Gewichtsverlust von 10kg innerhalb 14 Tagen und ständigen massiven Kreislaufzusammenbrüchen mit Bewusstlosigkeit von bis zu 2 Stunden.

Das hat mich veranlasst im Juli 2006 die Universitätsklinik zu wechseln und zwar nach Heidelberg (das ist eine der 3 Fachkliniken für MV und gleichzeitig das Zweitgrößte Transplantationszentrum , gleich nach der Charitee Berlin in Deutschland) wo ein akuter Calium und Kalziummangel festgestellt wurde.

Bei einem Kontrollbesuch im Mai 07 kam erstmalig das Thema Transplantation zur Sprache. Mit diesem Gedanken werde ich mich wohl auseinandersetzen müssen!

 Die Ärzte wollten auf Nummer sicher gehen und stellten die gesamten Medikamente komplett um. Sprich auf das so genannte Second-Line-Medikament Trientine! Dies ist sehr teuer (100 Stück 200 Euro) und muss zudem stets kühl gelagert werden. Temperaturen über 5 Grad + lassen es zu geleeartiger Masse und somit unbrauchbar werden. Zudem muss es Importiert werden, denn der Hersteller sitzt in Essex (England). Die Rezepte dafür müssen zwingend den Zusatz folgender Worte beinhalten: UNBEDINGT ABSOLUT LEBENSNOTWENDIG!, sonst weigern sich die Kassen es zu bezahlen!

Zum anderen wurden die Voruntersuchungen für eine evtl. in Frage kommende Transplantation in die Wege geleitet. Das war verbunden mit einem stationären Aufenthalt in Heidelberg. Zu aller Entsetzen wurde dabei eine Teiltrombose in der Pfortader festgestellt, so das ein operativer Eingriff zu diesem Zeitpunkt ausgeschlossen ist/war. Dies wurde Anfang September 07 mit einem Schlag  über den Haufen geworfen, denn meine Blutwerte wurden mit nahezu rasantem Tempo schlechter. Doch alles stellte sich dann als falscher Alarm heraus. Die Gründe dafür werde ich hier nicht nennen, nur soviel: auch Ärzte irren sich. Jetzt, nach 5 Monaten konsequenter Einnahme Umstellung und Erhöhung von Trientine zeichnet sich eine langsame Verbesserung der Blutwerte ab. Auch die Teiltrombose hat sich, dank ständigen, regelmäßigen Heparinspritzen soweit zurück gebildet dass diese Therapie Mitte Oktober eingestellt werden konnte.

(Stand September 07)

So wie sich die Situation momentan darstellt scheint die Medikamentenumstellung auf Dauer nicht den erhofften Erfolg zu versprechen denn die Leber lässt langsam und fast unmerklich in ihrer Leistung nach. Wie genau werde ich hier nicht erläutern denn es wissen nur meine engsten Freunde davon.

Das Thema Transplantation (Ltx) steht jedoch nach wie vor im Raum und ich muss alle 5-6 Monate in die Ltx Sprechstunde! Auch setze ich mich intensiv mit diesem Thema auseinander um psychisch relativ stabil jederzeit darauf vorbereitet zu sein. Auch die Termine in der Ltx Sprechstunde wurden auf 2 Monate verkürzt

(Stand Februar 08)

 

(Persönliche Anmerkung)

Ich fühle mich in Heidelberg wesentlich wohler!!!

 

 

 

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